Soll die Nachbarschaftshilfe den drohenden Pflegekräftemangel kompensieren?
Pflegekassen sollen Nachbarschaftshilfe vergüten – Ist von der Umsetzung der Impfpflicht im Pflegebereich die Rede, gilt die Diskussion in erster Linie Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen medizinischen Einrichtungen. Bisher kaum in der öffentlichen Diskussion in Erscheinung getreten sind dagegen mobile Pflegedienste und häusliche Pflegekräfte.
In Deutschland werden zwischen 75 und 80 % aller pflegebedürftigen Personen in der eigenen Wohnung oder dem Haushalt eines Angehörigen gepflegt. Nicht alle Partner und Verwandten sind in der Lage dazu, die Pflege komplett alleine zu bewältigen.
Häusliche Pflegekräfte übernehmen die Lagerung, Körperpflege oder auch die fachgerechte Versorgung von Wunden. Erhalten ungeimpfte Pflegekräfte in diesem Bereich zum 15. März die Kündigung, wären mitunter tausende von Pflegebedürftige ohne adäquate Versorgung.
Die Bundesregierung hat daher einen Plan entwickelt, in diesen Fällen die Pflegekassen dazu zu verpflichten, auch von Nachbarn erbrachte Pflegeleistungen zu vergüten. Gelten soll diese Regelung für die Pflegestufen 2 bis 5 im Rahmen der ambulanten Sachleistungen. In einer Anfrage der Linksfraktion hatte die Bundesregierung angegeben, diese Option als eine „flexible Möglichkeit“ zu erachten, die Pflege im heimischen Umfeld nicht unterversorgt zurückzulassen.
Dieser Vorschlag der Ampel-Regierung wirft mehrere Fragen auf
Der Grad an Pflegebedürftigkeit in den Pflegestufen 2 bis 5 kann sehr stark variieren. Während Nachbarn vielleicht kein Problem damit haben, einem betagten Nachbarn aus dem Bett oder beim Aufstehen vom Sofa zu helfen, ist die medizinische Versorgung in den Händen von Laien nicht gut aufgehoben.
Einen bettlägerigen Menschen alle zwei Stunden in eine andere Position zu bringen oder offene Wunden zu versorgen geht weit über das Maß an normaler Nachbarschaftshilfe hinaus. Hinzukommt das Vertrauen, dass zwischen Angehörigen und Nachbarn bestehen muss, um einen schwerst pflegebedürftigen Menschen mit einer fremden Person alleine zu lassen. Eine Lösung für alle ambulanten Pflegefälle in Deutschland ergibt sich aus diesem Vorschlag kaum.
Die genaue Anzahl an nicht geimpften Pflegekräften ist weiter unklar
Vergleichbar mit den ungeimpften Pflegern in Krankenhäusern oder Pflegeheimen ist auch bei den mobilen Pflegediensten noch immer nicht absehbar, wie viele Mitarbeiter nicht den geforderten Impfstatus erfüllen. Derzeit belaufen sich Schätzungen auf einen Wert zwischen 5 und 10 %.
Würden diese Fachkräfte der ambulanten Pflege fehlen, ist es unwahrscheinlich den Personalmangel innerhalb kürzester Zeit auszugleichen. Pflegeberufe bieten nur wenige Anreize für einen Karrierewechsel, sodass die Ampel-Regierung schon sehr bald neue Vorschläge vorlegen sollte, um die Versorgung in allen Bereichen der Pflege nach Einführung der Impfpflicht zu sichern.
Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.