Analyse des Verkehrs-Rechtsexperten Michael Winter
Klima-Aktivisten tragfähig – Angelehnt an die umfangreiche Analyse des Verkehrs-Rechtsexperten Michael Winter im Focus vom 14.02.2023 (hier auf das Wesentliche beschränkt) gilt Folgendes:
Gemäß der gültigen Rechtsauslegung ist dies ausschließlich der Polizei vorbehalten!
Wenn genervte Verkehrsteilnehmer also zur Selbsthilfe greifen und versuchen, Demonstranten von der Fahrbahn zu entfernen, ist dies keinesfalls erlaubt und kann im schlimmsten Falle auch noch eine Anzeige wegen Körperverletzung nach sich ziehen.
Diese Art der Eigeninitiative fällt nicht unter Notwehr – auch Selbsthilfe oder Notstand im Sinne des BGB scheiden aus.
Die einzige erkennbare Ausnahme wäre hier das Blockieren von Bundeswehr-Fahrzeugen (auch zivilen Bundeswehr-Fahrzeugen), da dann die Feldjäger das UZwGBw) (Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen (UZwGBw) für sich geltend machen würden.
Eine Sitzblockade oder eine Pattex-Aktion darf also nur durch die dafür zuständigen Ordnungsbehörden, und zwar nach einer erfolgten Aufforderung, sich zu entfernen und dem Nicht-Nachkommen derselben, erfolgen.
Wasserwerfer und Schlagstock-Einsatz sind erlaubt – Klima-Aktivisten tragfähig
Verweigern die Teilnehmer einer Sitzblockade dies, kann mittels sogenannten „unmittelbaren Zwanges“ die Sitzblockade durch Wegtragen oder auch durch Einsatz von Schlagstöcken oder Wasserwerfern aufgelöst werden.
Sollte ein Demonstrant hierbei aktiven Widerstand leisten, macht er sich strafbar, denn dies führt meist zu einer Anzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Klima-Demos: Wo die Versammlungsfreiheit endet
Der Schutz der Versammlungsfreiheit endet jedoch, wenn es hierbei zu einer kollektiven Unfriedlichkeit kommt, was laut Bundesverfassungsgericht jedoch allein dadurch gegeben sei, dass Dritter behindert würden, seien diese Behinderungen auch gewollt und nicht nur in Kauf genommen.
Der Bundesgerichtshof entwickelte daraufhin eine weitere Möglichkeit der Auslegung, nämlich die sog. „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“.
Diese besagt, dass ein Teilnehmer einer Sitzblockade Gewalt ausübt, sobald hinter dem ersten Fahrzeug, das er aufhält (und auf dessen Fahrer nach der Rechtsprechung nur psychischer Zwang ausgeübt wird) mindestens ein weiteres Auto an der Weiterfahrt gehindert wird.
Nach der Sichtweise des Bundesgerichtshofs bilden sodann die Fahrzeuge in der ersten Reihe eine physische Barriere für die Fahrzeuge ab der zweiten Reihe – der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Gewaltbegriff des physischen Zwanges sei also im Sinne des Nötigungsparagrafen erfüllt.
Bei einem erneuten Betrachten und einer Analyse aus dem Jahre 2011 segnete das Bundesverfassungsgericht diese Auslegung erneut als ausdrücklich verfassungsmäßig ab.
In a nutshell: Klima-Aktivisten sind tragfähig, jedoch nur durch die dazu legitimierten Ordnungskräfte.
Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.