Wirtschaftsforscher sehen Licht am Ende des Tals: Deutschland vor dem Aufschwung
Deutschland vor dem Aufschwung? Nach drei Jahren wirtschaftlicher Stagnation und zwei aufeinanderfolgenden leichten Schrumpfungen zeichnet sich für die deutsche Wirtschaft eine Trendwende ab.
Das geht aus aktuellen Konjunkturprognosen führender Wirtschaftsinstitute hervor.
Erstmals seit Beginn der Krise 2022 erwartet eine Mehrheit der Experten wieder stabiles Wachstum – getragen vor allem von steigendem Konsum, öffentlichen Investitionen und leicht positiver Exportentwicklung.
Konjunkturprognosen steigen deutlich – BIP soll 2026 kräftig wachsen
Besonders optimistisch zeigt sich das ifo Institut in München: Es rechnet für das Jahr 2026 mit einem BIP-Wachstum von 1,5 Prozent – fast doppelt so viel wie noch vor wenigen Monaten prognostiziert. Auch für das laufende Jahr 2025 wurde die Schätzung leicht von 0,2 auf 0,3 Prozent angehoben.
Ähnlich äußert sich das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW), das seine Wachstumsprognose für 2026 auf 1,6 Prozent anhob.
„Die Frühindikatoren zeigen, dass die Industrie nach zwei Jahren Talfahrt ihren Tiefpunkt hinter sich gelassen hat“, sagte IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths.
Rückenwind durch Konsum und Investitionen – Deutschland vor dem Aufschwung
Ein entscheidender Faktor für den Aufschwung ist die Erholung der Binnenwirtschaft.
Nach Jahren der Kaufzurückhaltung steigt der private Konsum erstmals wieder merklich an. Gleichzeitig ziehen die Investitionen von Unternehmen an – wenn auch noch verhalten.
Das IfW führt diese Entwicklung unter anderem auf stabilisierende Löhne, eine sich normalisierende Inflation und die Investitionsimpulse durch die neue Bundesregierung zurück.
Das für 2025 angekündigte Wachstumspaket mit Ausgabensteigerungen, Steuersenkungen und öffentlichen Investitionen im Umfang von 57 Milliarden Euro sei ein bedeutender konjunktureller Impuls.
Trump-Faktor als Unsicherheitsrisiko
So optimistisch die Prognosen sind – sie stehen auf einem wackligen geopolitischen Fundament.
Denn ein großer Unsicherheitsfaktor bleibt die Handelspolitik der USA unter Präsident Donald Trump. Dessen bisherige Zollmaßnahmen gegenüber der EU könnten das deutsche Wachstum 2026 um bis zu 0,3 Prozentpunkte drücken, warnt das ifo Institut.
„Der zunehmende Optimismus basiert auch auf der Hoffnung, dass der Handelskonflikt mit den USA nicht weiter eskaliert“, sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Sollte sich die Lage verschärfen, drohe erneut eine Rezession – so das düstere Szenario.
Export bleibt schwach – Nachfrage aus den USA gestützt durch Vorzieheffekte
Trotz des allgemeinen Aufschwungs bleibt der Außenhandel ein Schwachpunkt. Das IfW rechnet für 2025 mit einem weiteren Rückgang der Exporte um 0,4 Prozent. Erst 2026 soll wieder ein leichtes Plus von 1,2 Prozent möglich sein.
Ein Teil des Wachstums im ersten Quartal 2025 sei laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) auf vorweggenommene US-Bestellungen zurückzuführen – aus Furcht vor weiteren Zollerhöhungen. Auch IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller sieht darin eine temporäre Sondersituation, nicht aber ein strukturelles Exportwachstum.
Stabilisierung auf dem Arbeitsmarkt – Inflationsraten sinken weiter
Die positive konjunkturelle Entwicklung spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt wider. Das ifo Institut rechnet für 2026 mit einem Rückgang der Arbeitslosenquote auf 6,1 Prozent, nach 6,3 Prozent im laufenden Jahr.

Zudem erwarten die Forscher eine weitere Normalisierung der Inflationsraten.
Die Teuerung dürfte laut Prognosen 2025 bei 2,1 Prozent und 2026 bei 2,0 Prozent liegen – also wieder im Bereich des EZB-Ziels. Das stärkt zusätzlich den privaten Konsum.
IWH: Wachstum auch in Ostdeutschland erkennbar
Auch in den ostdeutschen Bundesländern zeigt sich ein vorsichtiger Aufschwung, so das IWH.
Produktionszuwächse von 0,4 Prozent im ersten Quartal, gestiegene Binnennachfrage und regionale Investitionen deuten laut dem Institut darauf hin, dass Ostdeutschland die gesamtwirtschaftliche Erholung mitträgt.
Für das Gesamtjahr 2025 prognostiziert das IWH nun ein Wachstum von 0,4 Prozent – im März lag die Erwartung noch bei 0,1 Prozent.
Für 2026 rechnet das Institut mit einem Anstieg des BIP um 1,1 Prozent.
Wirtschaftsstimmung steigt – aber kein Grund zur Euphorie – Deutschland vor dem Aufschwung
Ein weiteres Signal der Erholung: Das ifo-Geschäftsklima – ein Indikator für die Stimmung in der Wirtschaft – hat sich inzwischen fünf Monate in Folge verbessert. 9.000 Manager aus verschiedenen Branchen berichten von wachsender Zuversicht.
Doch trotz der Aufhellung bleibt der Ton unter Experten verhalten: „Die privatwirtschaftliche Dynamik ist weiterhin gedämpft“, warnt Kooths.
Erst wenn die Politik die neuen haushaltspolitischen Spielräume gezielt nutze, könne sich die Dynamik entfalten.
Der Aufschwung beginnt – aber auf wackeligen Beinen – Deutschland vor dem Aufschwung
Nach Jahren der wirtschaftlichen Unsicherheit ist die Trendwende in Sicht. 2025 könnte das Jahr werden, in dem Deutschland die Phase der Schwäche verlässt. Doch der Weg bleibt riskant: Die globale Lage, insbesondere die US-Handelspolitik, könnte jede Prognose binnen Wochen erschüttern.
Dennoch: Die Kombination aus konsumgetriebener Binnenkonjunktur, wachsender Investitionsbereitschaft und fiskalischen Impulsen lässt vorsichtigen Optimismus zu – und bringt der deutschen Wirtschaft Hoffnung auf ein neues Kapitel nach der Dauerkrise.
Deutschland vor dem Aufschwung? Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.
Deutschland vor dem Aufschwung Foto: Achim Wagner/ adobe.com