Karol Nawrocki wird neuer Präsident
Polen hat gewählt – In einer der knappsten Präsidentschaftswahlen der polnischen Geschichte hat sich der rechtskonservative Karol Nawrocki gegen seinen proeuropäischen Herausforderer Rafal Trzaskowski durchgesetzt.
Mit 50,89 % der Stimmen errang der von der nationalkonservativen PiS unterstützte Nawrocki einen hauchdünnen Sieg.
Trzaskowski kam laut offizieller Angaben der Wahlkommission auf 49,11 %.
Die Wahl ist ein politisches Erdbeben in Warschau – und könnte weitreichende Folgen für die europäische Union, die NATO und das deutsch-polnische Verhältnis haben.
Knapper Wahlsieg – klare Lagerbildung im Land
Mit über 10,6 Millionen Stimmen setzte sich Nawrocki bei einer Wahlbeteiligung von knapp 72 % durch – ein Zeichen dafür, wie mobilisierend diese Stichwahl auf die Bevölkerung wirkte.
In der ersten Prognose hatte noch Trzaskowski knapp vorne gelegen, doch im Verlauf der Auszählung kippte das Ergebnis zugunsten des PiS-nahen Kandidaten.
Die Stimmverteilung zeigt ein tief gespaltenes Land:
Während Trzaskowski in den wirtschaftsstarken Metropolen dominierte, überzeugte Nawrocki vor allem in ländlichen Regionen und kleineren Städten – ein klassisches Muster polnischer Wahldynamik.
Richtungswahl für Warschau – und Brüssel
Die Wahl gilt als Wendepunkt für Polens innen- und außenpolitische Ausrichtung.
Nawrocki, 42 Jahre alt, ist bislang vor allem als Historiker und Vorsitzender des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) bekannt.
Offiziell parteilos, trat er mit voller Rückendeckung der oppositionellen PiS-Partei an – jener politischen Kraft, die von 2015 bis 2023 Polen mit einem klar EU-skeptischen Kurs regierte.
Nawrocki hat sich mehrfach kritisch gegenüber der Europäischen Union geäußert und im Wahlkampf betont, dass Polen sich keine „Brüsseler Belehrungen“ gefallen lassen werde.
Er kündigte an, das nationale Selbstbestimmungsrecht stärken und die polnische Verfassung über EU-Recht stellen zu wollen.
Neuer Präsident, alte Blockade? Konflikt mit Regierung Tusk wahrscheinlich – Polen hat gewählt
Die Wahl Nawrockis stellt ein politisches Problem für Premierminister Donald Tusk dar, der mit seinem Mitte-Links-Bündnis auf eine Entspannung in den Beziehungen zur EU und eine Rückkehr zu rechtsstaatlichen Prinzipien hingearbeitet hatte.

Bereits unter dem bisherigen Präsidenten Andrzej Duda – ebenfalls ein PiS-Politiker – war die Regierung Tusk bei vielen Reformvorhaben ausgebremst worden.
Mit Nawrocki als Staatsoberhaupt droht nun eine Fortsetzung dieser Blockadepolitik.
Viele Gesetzesinitiativen, insbesondere in den Bereichen Justiz, Medienfreiheit und Klima, könnten an einem präsidialen Veto scheitern.
Trump-Freund und Deutschland-Kritiker – Polen hat gewählt
International sorgte Nawrocki nicht nur wegen seiner EU-kritischen Rhetorik für Aufsehen, sondern auch durch seine demonstrative Nähe zu US-Präsident Donald Trump.
Während des Wahlkampfs betonte er wiederholt, dass Polen außenpolitisch stärker auf bilaterale Beziehungen mit den USA als auf europäische Integrationsprozesse setzen solle.
Zudem erneuerte er die alte PiS-Forderung nach Reparationszahlungen von Deutschland für Kriegsschäden aus dem Zweiten Weltkrieg – eine Haltung, die das ohnehin angespannte Verhältnis zu Berlin weiter belasten dürfte.
Gesellschaftlich gespalten: Urbane Eliten vs. konservative Landbevölkerung – Polen hat gewählt
Die Wahlkarte Polens zeigt ein bekanntes Muster: Trzaskowski dominierte in Großstädten wie Warschau, Krakau und Danzig – Zentren, in denen junge, gebildete, wirtschaftlich erfolgreiche Schichten den Ton angeben.
Nawrocki punktete dagegen im konservativ geprägten Osten und Südosten des Landes sowie in der bäuerlichen Peripherie, wo religiöse Werte, Misstrauen gegenüber der EU und wirtschaftliche Unsicherheit den Diskurs prägen.
Diese Spaltung wird die politische Arbeit in den kommenden Jahren erschweren – insbesondere dann, wenn sich Präsidentschaft und Regierung weiterhin als Gegenspieler verstehen.
Polens Weg bleibt ungewiss – Polen hat gewählt
Mit dem Wahlsieg Nawrockis beginnt eine neue Phase der politischen Auseinandersetzung in Polen – nicht nur innenpolitisch, sondern auch im Verhältnis zu Brüssel, Berlin und Kiew. Während Premier Tusk auf einen europäisch orientierten Reformkurs setzt, kündigt Nawrocki bereits Widerstand an.
Die Stichwahl war mehr als eine Personalentscheidung – sie war eine Abstimmung über Polens Zukunftsweg.
Und der verläuft nun, wie so oft in der jüngeren Geschichte des Landes, auf einem schmalen Grat zwischen Westbindung und nationalkonservativer Abgrenzung.
Polen hat gewählt – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.