OECD fordert Steuerkurswechsel: Kritik an Regierung, Fokus auf Arbeit statt Kapital
Internationale Organisation mahnt tiefgreifende Reformen in der deutschen Steuerpolitik an – Regierung bleibt auf altem Kurs
OECD fordert Steuerkurswechsel – Die schwarz-rote Bundesregierung will mit niedrigeren Unternehmenssteuern Wachstumsimpulse setzen – doch die OECD bremst die Euphorie.
In ihrem neuen Länderbericht für Deutschland mahnt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine fundamentale Umverteilung der Steuerlast an:
Weniger Belastung für Arbeit, mehr für Kapital, Immobilien und Erbschaften.
Steuersenkungen für Unternehmen? OECD bleibt skeptisch
Kern der Regierungspläne ist eine Stärkung der Investitionskraft von Kapitalgesellschaften:
- Drei Jahre lang sollen großzügige Abschreibungen ermöglicht werden.
- Ab 2028 soll die Körperschaftsteuer schrittweise von 15 auf 10 Prozent sinken.
Die OECD stellt diesen Kurs infrage. Zwar könnten dadurch Investitionsanreize steigen, doch es sei zu erwarten, dass die Maßnahme „zu einer weiteren Verringerung der Staatseinnahmen“ führen werde, heißt es im Bericht.
Deutschland: Hochsteuerland für Arbeit, Niedrigsteuerland für Vermögen
Die OECD widerspricht dem häufig bemühten Narrativ, Deutschland sei in allen Bereichen ein Hochsteuerland.
Tatsächlich liegt die Steuerquote bei Einkommen aus Arbeit über dem OECD-Schnitt (17 % vs. 10 % Sozialabgaben), während Kapitaleinkünfte und Vermögen unterdurchschnittlich belastet sind:
- Verkäufe von Immobilien sind nach 10 Jahren steuerfrei – das entzieht dem Staat jährlich rund 6 Milliarden Euro.
- Grundsteuer liegt weit unter dem internationalen Niveau.
- Erbschafts- und Schenkungssteuer enthält weitreichende Ausnahmen – insbesondere bei Betriebsvermögen.
Die OECD fordert deshalb eine Verschiebung der steuerlichen Schwerpunkte, zugunsten derer, die ihre Arbeitskraft einbringen – und zulasten von Kapitalerträgen und großen Erbschaften.
Ehegattensplitting und Rente mit 63: Reformblockaden mit politischem Kalkül
Besonders deutlich wird die OECD bei zwei bekannten Reizthemen:
- Ehegattensplitting
- Frühverrentung ohne Abschläge („Rente mit 63“)
Beide Instrumente würden Anreize zur Teilzeitarbeit und zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt schaffen, so der Bericht.

Ein Wechsel zum Realsplitting mit Kinderfreibeträgen könnte laut OECD die Arbeitszeit um 59.000 Vollzeitstellen erhöhen – ein Beitrag gegen den Fachkräftemangel.
Doch CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche erteilte einer Reform prompt eine Absage:
„Eine Abschaffung des Ehegattensplittings ist nicht in Planung.“
Begründung: Fehlende Betreuungsangebote seien der Hauptgrund für Teilzeit, nicht steuerliche Fehlanreize.
Auch die „Rente mit 63“ wird von Union und SPD nicht angetastet – vermutlich, weil ein Großteil ihrer Wählerschaft selbst davon profitiert.
Minijobs, Teilzeit, Steuerprivilegien – Reformvorschläge ohne Rückhalt – OECD fordert Steuerkurswechsel
Die OECD empfiehlt außerdem:
- Minijobs auf Schüler und Studierende beschränken
- Freibeträge und Steuererleichterungen für Betriebsvermögen reduzieren
- Steuerzahlungen bei Erbschaften in Raten ermöglichen, um Belastung abzufedern
Doch die Bundesregierung bleibt zurückhaltend.
Zwar äußerte man Gesprächsbereitschaft zu einzelnen Punkten, ein gesamtwirtschaftliches Reformpaket ist jedoch nicht in Sicht.
Beobachter sprechen von einer „Vermeidungstaktik vor dem demografischen Sturm“.
Internationale Mahnung trifft auf politischen Stillstand – OECD fordert Steuerkurswechsel
Der OECD-Bericht legt den Finger in die Wunde: Deutschlands Steuerpolitik ist unausgewogen – zulasten der Leistungsträger, zugunsten des Bestandsvermögens.
Während Investitionen subventioniert werden, bleiben strukturelle Ungleichgewichte bestehen.
Trotz hoher Verschuldung, schwachem Wachstum und Fachkräftemangel fehlt es an politischer Bereitschaft zur echten Kurskorrektur. Das mag kurzfristig Stimmen sichern – langfristig wird es teuer.
Hintergrund:
Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) mit Sitz in Paris ist ein Zusammenschluss von 38 Industrie- und Schwellenländern. Ihre Länderberichte gelten als maßgebliche wirtschaftspolitische Empfehlungen.
OECD fordert Steuerkurswechsel – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.
OECD fordert Steuerkurswechsel Foto: Achim Wagner/ adobe.com