Rückzug nicht ausgeschlossen – Brosius-Gersdorf ringt um Kandidatur fürs Bundesverfassungsgericht
Zwischen Verfassungsamt und politischem Druck: Die Kandidatin der SPD im Kreuzfeuer der Kritik
Brosius-Gersdorf ringt um Kandidatur – Die vom SPD-geführten Bundesjustizministerium vorgeschlagene Staatsrechtlerin Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf hat sich erstmals öffentlich zur Kontroverse um ihre mögliche Berufung an das Bundesverfassungsgericht geäußert – und dabei sowohl Gesprächsbereitschaft als auch Standhaftigkeit signalisiert.
In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ stellte sie einen Rückzug in Aussicht, sofern dem Gericht oder der politischen Stabilität Schaden drohe.
„Das Bundesverfassungsgericht muss in Ruhe arbeiten können.
Sollte es durch meine Kandidatur Schaden nehmen, würde ich sofort verzichten“, so Brosius-Gersdorf.
Balanceakt zwischen Integrität und Verantwortung
Die Verfassungsjuristin betonte, sie sei nicht bereit, sich einer politischen Kampagne zu beugen, sehe aber ihre Verantwortung für das Vertrauen in das höchste deutsche Gericht.
„Ich möchte nicht verantwortlich sein für eine Regierungskrise in diesem Land“, erklärte sie und deutete damit auf die angespannte Lage innerhalb der Koalition und zwischen den Fraktionen hin.
Tausende Zuschriften – öffentliche Solidarität und private Bedrohungen
Brosius-Gersdorf berichtete, sie habe eine große Zahl ermutigender Zuschriften erhalten, darunter viele Stimmen aus der Zivilgesellschaft und juristischen Fachkreisen, die sie zur Aufrechterhaltung ihrer Kandidatur aufforderten.
Gleichzeitig sprach sie von Bedrohungen und verdächtigen Postsendungen. „Ich habe meine Mitarbeitenden gebeten, aus Sicherheitsgründen nicht mehr an meinem Lehrstuhl zu arbeiten“, so die Wissenschaftlerin, die an der Universität Hannover lehrt.
Kontroverse um Abtreibungsrecht: Missverständnisse und Klarstellungen
Einer der Hauptkritikpunkte aus dem konservativen Lager betrifft Brosius-Gersdorfs wissenschaftliche Position zum Schwangerschaftsabbruch.
Sie stellte in der Sendung klar: „Ich habe nie gefordert, dass Abtreibungen bis zur Geburt straffrei oder legal sein sollten.“
Ihre Position sei differenzierter und beziehe sich auf eine verfassungsrechtliche Neubewertung der Rechtswidrigkeit in der Frühphase der Schwangerschaft. „
Der Schwangerschaftsabbruch ist heute schon straffrei – aber weiterhin rechtswidrig. Ich vertrete die Auffassung, dass er aus verfassungsrechtlicher Sicht in bestimmten Fällen rechtmäßig sein sollte.“
Plagiatsvorwurf: Juristin kündigt Prüfung an
Zu kursierenden Plagiatsvorwürfen äußerte sich Brosius-Gersdorf ebenfalls. Sie bezeichnete diese als „letzten Versuch, mich zu verhindern“.
Eine spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei habe die Vorwürfe eingehend geprüft und werde eine Stellungnahme veröffentlichen.
Aus juristischen Kreisen verlautete, dass die Vorwürfe „auf wackliger Grundlage“ basieren könnten.
Unionskritik: Bär rät zur Selbstprüfung
Unterdessen nahm die politische Kritik weiter zu. CSU-Politikerin und Bundesforschungsministerin Dorothee Bär äußerte in der ARD-Sendung „Maischberger“ Verständnis für den Unmut in Teilen der Union.

„Wenn Kolleginnen und Kollegen sagen, sie können mit ihrem Gewissen Frau Brosius-Gersdorf nicht wählen, dann respektiere ich das“, so Bär.
Sie forderte die Juristin auf, „selbstkritisch zu hinterfragen, ob sie die richtige Kandidatin für diesen Posten ist.“
Richtungsentscheidung im Bundestag verschoben – Brosius-Gersdorf ringt um Kandidatur
Die eigentlich für Freitag angesetzte Wahl von drei Verfassungsrichter:innen war kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestages gestrichen worden.
Die Unionsfraktion konnte ihre zuvor zugesagte Unterstützung für die SPD-Kandidatin nicht mehr garantieren.
Damit droht der sorgfältig austarierte Proporz der Richterwahl zwischen den Fraktionen zu kippen. Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) mahnte zur Besonnenheit und erinnerte an die Bedeutung parteiübergreifender Einigung für die Legitimität des höchsten Gerichts.
SPD verteidigt Kandidatur – Entscheidung steht weiter aus
Aus der SPD-Fraktion war am Montag zu hören, man halte weiterhin an Brosius-Gersdorf fest – auch um ein Signal gegen „medial aufgebaute Druckkulissen“ zu setzen.
„Frau Brosius-Gersdorf ist eine integre Juristin mit exzellenter Qualifikation“, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese.
Brosius-Gersdorf ringt um Kandidatur – Institution oder Individuum im Fokus?
Der Fall Brosius-Gersdorf entwickelt sich zu einer Grundsatzfrage: Wie viel politisches Ringen verträgt die Wahl zum Bundesverfassungsgericht?
Und was wiegt schwerer – der Eindruck einer fragwürdigen Kampagne oder die notwendige Unangreifbarkeit der höchsten Richterbank?
Die kommenden Tage könnten entscheidend sein – für eine Juristin, ein Gericht und womöglich für das politische Klima in Berlin.
Brosius-Gersdorf ringt um Kandidatur – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.
Brosius-Gersdorf ringt um Kandidatur Quellen: ZDF Swendung Markus Lanz, ARD Sendung Maischberger
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