Israels Ministerpräsident Netanjahu vor der UN-Vollversammlung – Trumps Signal setzt Grenzen
Eine Hassliebe zu den Vereinten Nationen
Netanjahu vor UN-Vollversammlung – Wenn Benjamin Netanjahu heute vor die Generalversammlung der Vereinten Nationen tritt, ist das mehr als nur eine diplomatische Pflichtübung.
Der israelische Ministerpräsident verbindet seit Jahrzehnten ein widersprüchliches Verhältnis mit dem internationalen Forum.
Als UN-Botschafter Israels in den 1980er Jahren hatte er die Institution hautnah erlebt. Schon damals prägte ihn die Überzeugung, dass die Vereinten Nationen ein Sammelbecken antiisraelischer Strömungen seien, in dem Vorurteile und antisemitische Einstellungen oftmals den Ton angeben.
Gleichzeitig liebt er die Bühne, die ihm die UN bieten.
Kaum ein Politiker versteht es so sehr wie Netanjahu, die Aufmerksamkeit des Plenarsaals – und der Weltöffentlichkeit – auf sich zu ziehen. Mitunter genießt er es, wenn Delegierte aus Protest während seiner Rede den Saal verlassen.
Für ihn ist dies ein Zeichen der eigenen Stärke: Ein einsamer Kämpfer, der unbeirrt seinen Kurs vertritt. Dass seine heutige Rede besonders konfrontativ ausfallen dürfte, überrascht daher niemanden.
Ein erwarteter Schlagabtausch – Netanjahu vor UN-Vollversammlung
Beobachter wie internationale Analysten rechnen mit einem scharfen Auftritt Netanjahus. Seine Botschaft, so wird erwartet, dürfte kompromisslos sein.
Er wird wohl weder die Kritik der Vollversammlung am jüngsten Gaza-Krieg akzeptieren noch eine Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen in Fragen der humanitären Hilfe oder gar einer Friedenssicherung in Aussicht stellen.
Das Kalkül ist klar: Netanjahu möchte Stärke demonstrieren, vor allem nach innen – gegenüber den israelischen Wählern und seiner eigenen politischen Basis. Zugleich nutzt er die internationale Bühne, um Druck auf Staaten auszuüben, die Israel in den vergangenen Monaten besonders verärgert haben.
Ärger über die Anerkennung Palästinas
Im Mittelpunkt seiner Kritik dürfte die internationale Initiative zur Zweistaatenlösung stehen.
Besonders die von Frankreich und Saudi-Arabien organisierte Konferenz, die zu neuen diplomatischen Vorstößen führte, gilt ihm als Provokation.
Mehrere westliche Staaten haben seitdem die Anerkennung Palästinas vollzogen.

Für Netanjahu ist das nicht nur ein Rückschlag seiner Politik, sondern auch ein diplomatischer Affront.
Seine Rede dürfte deshalb auch ein Angriff auf diese Länder werden, die seiner Ansicht nach ohne Rücksicht auf Israels Sicherheitsinteressen handeln.
In UN-Kreisen ging zuletzt die Befürchtung um, dass Netanjahu die Bühne nutzen könnte, um eine formale Annexion der Westbank anzukündigen – als symbolische Antwort auf die Anerkennung Palästinas.
Ein solcher Schritt wäre der endgültige Bruch mit der Zwei-Staaten-Lösung, die seit Jahrzehnten das Leitbild internationaler Friedensbemühungen ist.
Trump setzt Grenzen – Netanjahu vor UN-Vollversammlung
Doch selbst engste Verbündete setzen hier Schranken. US-Präsident Donald Trump machte im Vorfeld unmissverständlich klar, dass er eine Annexion der Westbank nicht dulden werde.
Nach einem Telefonat mit Netanjahu ließ er erkennen, dass eine solche Maßnahme die laufenden Bemühungen gefährden würde. Für Trump, der die Vereinigten Staaten als zentrale Vermittlerrolle im Nahen Osten sieht, wäre ein derartiger Schritt unvereinbar mit seinen eigenen Friedensplänen.
Stattdessen versucht Trump, Netanjahu für seinen „21-Punkte-Plan“ zu gewinnen – ein ambitioniertes Konzept, das den Grundstein für einen langfristigen Frieden im Gazastreifen legen soll.
Dieser Plan sieht unter anderem eine dauerhafte Waffenruhe, die Freilassung israelischer Geiseln, einen schrittweisen Rückzug der israelischen Armee sowie den Aufbau einer zukünftigen Verwaltung in Gaza ohne die Hamas vor.
Strittig bleibt dabei, welche Rolle die Palästinensische Autonomiebehörde übernehmen könnte. Vor allem arabische Staaten drängen darauf, dass diese zumindest teilweise eingebunden wird und zugleich die Garantie erhalten, dass Israel die Westbank nicht annektiert.
Trumps Zuversicht wächst – Netanjahu vor UN-Vollversammlung
Am Rande der UN-Vollversammlung traf Trump mit führenden Vertretern der arabischen Welt zusammen. Nach diesen Gesprächen zeigte er sich optimistisch, dass eine Einigung bevorstehen könnte.
Besonders die Signale aus Riad, Kairo und Amman scheinen den US-Präsidenten darin zu bestärken, dass sein Plan auf Resonanz stößt. Washington setzt dabei auf eine Kombination aus diplomatischem Druck, wirtschaftlichen Anreizen und militärischen Sicherheitsgarantien, um die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen.
Trumps Botschaft: Ein Frieden sei greifbar, wenn Israel seine Maximalforderungen zügele und die arabischen Staaten bereit seien, eine gemeinsame Lösung für Gaza zu entwickeln. Mit Blick auf die komplizierte Gemengelage im Nahen Osten ist das eine ehrgeizige Aussage – doch die Stimmung unter den Diplomaten in New York ist geprägt von vorsichtigem Optimismus.
Deutschland setzt auf Vermittlung
Auch Deutschland verfolgt die Entwicklungen aufmerksam. Bundesaußenminister Johann Wadephul äußerte sich positiv zu den Grundlinien des amerikanischen Friedensplans.
Er bezeichnete ihn als grundsätzlich akzeptabel für beide Seiten und kündigte an, Deutschland werde dafür werben, dass dieser Vorschlag umgesetzt wird.
Zwar seien die Details noch nicht in allen Punkten bekannt, doch die Eckpfeiler klängen vielversprechend. Für Berlin bietet sich die Chance, sowohl Israel als auch die arabischen Partner davon zu überzeugen, dass ein solcher Plan ein Schritt nach vorn ist.
Deutschland setzt damit auf seine traditionelle Rolle als Mittler, der Vertrauen genießt und auf eine regelbasierte Ordnung pocht. Für die Bundesregierung geht es nicht nur um den Nahen Osten, sondern auch um die Glaubwürdigkeit des internationalen Systems insgesamt.
Denn ein erneuter Scheitern der Friedensbemühungen würde auch die Vereinten Nationen schwächen, die ohnehin unter dem Vorwurf stehen, ineffektiv und parteiisch zu sein.
Netanjahus schwierige Entscheidung – Netanjahu vor UN-Vollversammlung
Die zentrale Frage bleibt jedoch: Wird Netanjahu sich dem amerikanischen Friedensplan anschließen? Seine heutige Rede vor der Vollversammlung wird wohl kaum ein Signal der Zustimmung sein. Vielmehr wird er seine Linie der Härte betonen und die Kritik an Israel zurückweisen.
Doch hinter verschlossenen Türen könnte die Situation eine andere sein. Ein Treffen mit Trump im Weißen Haus ist bereits für Montag angesetzt. Dort könnte sich entscheiden, ob der israelische Ministerpräsident bereit ist, Kompromisse zu akzeptieren – oder ob er seinen bisherigen Kurs fortsetzt.
Für Netanjahu ist die Lage kompliziert. Einerseits steht er unter Druck seiner rechten Koalitionspartner, die jede Form von Zugeständnissen an die Palästinenser ablehnen. Andererseits weiß er, dass Israel ohne die Rückendeckung der USA außenpolitisch isoliert wäre.
Die Drohung Trumps, eine Annexion nicht zuzulassen, zeigt, wie schmal der Handlungsspielraum ist. Netanjahu muss also einen Balanceakt vollführen: innenpolitisch Härte demonstrieren, international aber Kompromissbereitschaft andeuten.
Netanjahu vor UN-Vollversammlung – Ein Wendepunkt im Nahostkonflikt?
Ob die heutige Rede tatsächlich ein Wendepunkt wird, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass Netanjahu zunächst die Konfrontation sucht, um dann in Washington die Karten neu zu mischen. Für den Friedensprozess könnte das dennoch entscheidend sein.
Sollte Netanjahu den US-Plan annehmen, wäre dies das erste Mal seit Jahren, dass Israel, die Palästinenser und die arabischen Nachbarn einen gemeinsamen Rahmen hätten, um konkrete Schritte einzuleiten.
Gleichzeitig bleibt die Skepsis groß. Zu oft sind ambitionierte Pläne in der Vergangenheit an der Realität gescheitert. Die Hamas kontrolliert weiterhin den Gazastreifen, die Palästinensische Autonomiebehörde ist politisch geschwächt, und Israels Gesellschaft ist tief gespalten in der Frage, welchen Preis Frieden haben darf.
Die Vereinten Nationen bleiben damit eine Bühne für große Worte, symbolische Gesten und diplomatische Kämpfe. Netanjahus Auftritt wird ein weiteres Kapitel in der langen Geschichte von Reden sein, die den Saal elektrisieren und zugleich polarisieren.
Doch ob es diesmal gelingt, die Gräben ein Stück weit zu überbrücken, hängt weniger von den Worten in New York ab als von den Entscheidungen in Washington und Jerusalem in den kommenden Tagen.
Für die internationale Gemeinschaft gilt: Die Uhr tickt. Jeder weitere gescheiterte Anlauf schwächt nicht nur die Glaubwürdigkeit der Beteiligten, sondern verlängert das Leiden der Menschen in Israel und Palästina.
Und so steht über allem die Frage: Wird Netanjahu bereit sein, die große Bühne der Vereinten Nationen nicht nur für Konfrontation, sondern auch für den Beginn eines neuen Kapitels zu nutzen?
Netanjahu vor UN-Vollversammlung – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.
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