Chronik des Atomabkommens mit dem Iran (2015–2025)
Chronik Atomabkommen Iran – Vom historischen Durchbruch zur geopolitischen Zerreißprobe
Juli 2015: Der Wiener Durchbruch
Nach über einem Jahrzehnt diplomatischer Spannungen und Verhandlungen einigen sich der Iran und die fünf UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich) sowie Deutschland – die sogenannte P5+1 – auf ein historisches Abkommen:
den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA).
Ziel: Den Iran am Bau von Atomwaffen zu hindern – im Gegenzug werden Sanktionen gelockert.
Die wichtigsten Punkte:
- Iran reduziert seine Urananreicherung massiv und gibt Zentrifugen ab.
- Die Anreicherung ist nur noch auf 3,67 % (zivil nutzbar) erlaubt.
- Die IAEA (Internationale Atomenergiebehörde) erhält umfassenden Zugang zu Anlagen.
- Iran erhält im Gegenzug Zugang zu eingefrorenen Vermögenswerten und dem internationalen Handel.
Januar 2016: Beginn der Umsetzung
Die IAEA bestätigt, dass der Iran seine Verpflichtungen erfüllt.
In der Folge werden internationale Sanktionen aufgehoben, darunter das Ölembargo der EU und Beschränkungen im Finanzsektor.
Der iranische Präsident Hassan Rohani feiert das Abkommen als wirtschaftlichen Neuanfang.
2017: Trump wird US-Präsident – Kritik am Abkommen
US-Präsident Donald Trump bezeichnet das Atomabkommen mehrfach als „den schlechtesten Deal aller Zeiten“.
Er wirft dem Iran vor, zwar formal die Regeln einzuhalten, aber die Region dennoch durch Raketenprogramme und Stellvertreterkriege zu destabilisieren.
Mai 2018: USA steigen einseitig aus dem Abkommen aus
Trump kündigt den einseitigen Ausstieg der USA aus dem JCPOA an.

Er setzt massive Sekundärsanktionen in Kraft – auch gegen europäische Firmen, die mit dem Iran Handel treiben.
Die Folge: Internationale Investitionen in den Iran brechen zusammen. Der wirtschaftliche Druck auf Teheran wächst massiv.
2019: Iran beginnt mit schrittweiser Vertragsverletzung
Als Reaktion auf den US-Ausstieg beginnt der Iran damit, schrittweise gegen einzelne Auflagen des Abkommens zu verstoßen:
- Erhöhung der Urananreicherung auf über 4,5 %.
- Überschreitung der erlaubten Vorratsmenge an angereichertem Uran.
- Zunahme von Zentrifugen in Anlagen wie Natans und Fordo.
Die IAEA dokumentiert die Verstöße, sieht aber keinen Hinweis auf einen aktiven Bombenbau.
Januar 2020: Ermordung Soleimanis und neue Eskalation
Die Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch einen US-Drohnenangriff im Irak verschärft die Lage dramatisch.
Der Iran kündigt an, sich nicht mehr an die Begrenzungen des JCPOA gebunden zu fühlen.
2021: Biden wird Präsident – Hoffnung auf Rückkehr
Mit dem Amtsantritt von Joe Biden beginnt ein diplomatischer Neustart.
Die USA signalisieren Bereitschaft zur Rückkehr ins Atomabkommen – unter Bedingungen.
In Wien beginnen neue Verhandlungsrunden zwischen den verbliebenen JCPOA-Staaten und indirekt auch mit den USA.
2022: Verhandlungen ohne Durchbruch
Trotz intensiver Bemühungen kommt es zu keinem Durchbruch.
Streitpunkte bleiben:
- Die vollständige Aufhebung der US-Sanktionen,
- Irans Forderung nach Sicherheitsgarantien,
- Der Status der Revolutionsgarden (IRGC) auf US-Terrorlisten.
Zudem sorgen neue Enthüllungen über Irans fortgeschrittene Anreicherung (bis zu 60 %) für Alarm.
2023: Abkommen de facto tot – keine formale Kündigung
Das Abkommen existiert weiter auf dem Papier, aber wird von keiner Seite mehr vollständig eingehalten.
Der Iran verweigert mehrfach der IAEA den Zugang zu Überwachungskameras.
Die USA verhängen neue Sanktionen.
Israel erhöht den Druck auf Washington und droht mit militärischem Alleingang.
2024: Oman vermittelt geheim – erste Annäherungen
Unter Vermittlung von Oman beginnen im Sommer 2024 geheime Gespräche zwischen den USA und dem Iran.
Beide Seiten signalisieren Interesse an einem „kleineren Deal“:
- Iran könnte die Urananreicherung wieder einschränken,
- Im Gegenzug winken begrenzte Sanktionserleichterungen.
Doch bevor Ergebnisse erzielt werden können, eskaliert der Konflikt mit Israel.
Mai 2025: Israel greift Iran an – Gespräche geplatzt
Ein israelischer Luftschlag gegen iranische Nuklearanlagen führt zu einer schweren Eskalation.
Teheran reagiert mit massivem Raketenbeschuss.
Geplante Verhandlungen in Oman werden abgesagt.
Die Diplomatie liegt erneut auf Eis – ein direkter Krieg droht.
Juni 2025: Neue E3-Initiative mit Gespräch in Genf
Deutschland, Frankreich und Großbritannien unternehmen einen neuen Versuch zur Rettung des Abkommens.
Außenminister Johann Wadephul und seine Amtskollegen planen ein Treffen mit dem iranischen Außenminister in Genf.
Ziel: Eine neue Basis für Verhandlungen schaffen – trotz des laufenden Krieges.
Ein Abkommen zwischen Hoffnung und Scheitern
Zehn Jahre nach seiner Unterzeichnung ist das Wiener Atomabkommen ein Symbol für die Höhen und Tiefen multilateraler Diplomatie.
Es hat den Bau iranischer Atomwaffen lange verzögert – aber politische Brüche, Sanktionen und militärische Eskalationen haben seine Substanz ausgehöhlt.
Ob es 2025 gelingt, das Abkommen zu retten – oder ob die Welt endgültig in ein nukleares Wettrüsten im Nahen Osten abgleitet – ist ungewisser denn je.
Chronik Atomabkommen Iran – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.