Zwischen Diplomatie und Realpolitik: Außenminister Wadephul skizziert deutsche Position zu Gaza, Iran und UN
Wadephul zu Gaza, Iran & UN – Ein neuer Ton in New York – mit klaren Grenzen und wachsender Skepsis
Ein Auftritt mit Symbolkraft – Wadephul zu Gaza, Iran & UN
Als Bundesaußenminister Johann Wadephul bei der diesjährigen UN-Vollversammlung ans Rednerpult tritt, ist die Welt in Aufruhr. In Gaza tobt ein Krieg, dessen Bilder sich in die kollektive Erinnerung eingebrannt haben. Die humanitäre Katastrophe ist nicht mehr zu leugnen – auch nicht von einem deutschen Außenminister. Doch Wadephuls Worte zeichnen ein feines diplomatisches Kalkül: moralisch klar, realpolitisch vorsichtig, geopolitisch ambitioniert.
Die wohl bedeutendste Aussage: Eine deutsche Beteiligung an einer internationalen Friedenstruppe in Gaza steht nicht zur Debatte – zumindest nicht vorrangig.
Deutschland werde helfen, ja. Aber nicht in Uniform, sondern mit humanitären Mitteln.
Deutlich macht Wadephul dabei auch, dass eine solche Mission in erster Linie von muslimisch geprägten Staaten getragen werden solle. Deutschland sieht sich als Unterstützer im Hintergrund, nicht als Ordnungsmacht im Krisengebiet.
Zwischen Krieg und Hoffnung: Die Lage in Gaza
Der Gaza-Krieg wird in seiner Dramatik offen benannt – als „Hölle auf Erden“, als „humanitärer Albtraum“. Deutschland rückt damit rhetorisch näher an die Positionen heran, die lange Zeit nur von NGOs und neutralen Staaten eingenommen wurden.
Es ist ein vorsichtiger Kurswechsel. Zugleich betont der Außenminister die Notwendigkeit eines politischen Prozesses, der langfristig Frieden bringt. Das Ziel bleibt die Zwei-Staaten-Lösung – ein Gedanke, der in internationalen Kreisen zwar oft beschworen, aber selten realisiert wird.
Wadephul begrüßt ausdrücklich den neuen Friedensplan aus Washington, der offenbar unter Federführung von US-Präsident Donald Trump entwickelt wurde.
Dass dieser Plan Israel zu einem Waffenstillstand bewegen soll, wird als Hoffnungsschimmer dargestellt – trotz der Komplexität der Lage. Die Bundesregierung unterstützt damit einen multilateralen Ansatz, ohne sich selbst zu stark in die militärische Auseinandersetzung hineinziehen zu lassen.
Keine deutschen Stiefel in Gaza – aber Hilfspakete
Die Skepsis gegenüber einer deutschen Beteiligung an einer möglichen UN-Friedenstruppe in Gaza ist bemerkenswert. In der Vergangenheit beteiligte sich Deutschland immer wieder an internationalen Missionen – sei es auf dem Balkan, in Mali oder im Nahen Osten.
Doch dieses Mal überwiegt Zurückhaltung. Wadephul sieht die Chance, dass arabische oder mehrheitlich muslimische Länder die Führungsrolle übernehmen – ein strategisches Kalkül, das nicht nur politisch, sondern auch kulturell bedingt ist.

Deutschland wolle sich stattdessen auf humanitäre Hilfe konzentrieren. Das bedeutet konkret: medizinische Versorgung, Nahrungsmittelhilfe, Wiederaufbauprojekte – all das unter dem Schirm internationaler Organisationen.
Diese Rolle als ziviler Unterstützer ist nicht neu, aber sie wird mit neuer Deutlichkeit betont. Für die Bundesregierung ist klar: Gaza braucht Frieden – aber nicht mit deutschen Soldaten.
Iran: Sanktionen, Snapback und neue Gespräche – Wadephul zu Gaza
Ein weiterer zentraler Punkt in Wadephuls Rede ist der Umgang mit dem Iran. Die Bundesregierung hält daran fest, dass ein nuklear bewaffneter Iran inakzeptabel ist. Entsprechend wurde gemeinsam mit den E3-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) der sogenannte Snapback-Mechanismus aktiviert. Damit sollen die nach dem Atomabkommen von 2015 aufgehobenen UN-Sanktionen wieder in Kraft gesetzt werden – ein diplomatischer Kraftakt, der nun von Russland und China torpediert wird.
Wadephul zeigt sich dennoch offen für neue Verhandlungen. Diplomatie, so seine Botschaft, dürfe nie enden – selbst wenn sie temporär scheitere. Deutschland bietet dem Iran Gespräche über ein neues Abkommen an, das striktere Kontrollen und nachhaltige Sicherheitsgarantien enthalten soll. Zugleich wird klargemacht: Die Geduld ist nicht unbegrenzt, und der Spielraum für Täuschungen wird enger.
Merz bleibt fern – Kritik aus Politik und Diplomatie – Wadephul zu Gaza
Ein außenpolitischer Fauxpas überschattet die deutsche Präsenz in New York: Bundeskanzler Friedrich Merz bleibt der UN-Vollversammlung fern. Für viele ein fatales Signal – insbesondere in einer Zeit, in der internationale Kooperation und außenpolitische Führung wichtiger denn je erscheinen. Kritiker werfen Merz vor, sich damit seiner Verantwortung zu entziehen – sowohl im Nahostkonflikt als auch im Ukrainekrieg. Die Grünen sprechen gar von einem diplomatischen Vakuum.
Auch außenpolitische Experten zeigen sich irritiert. Christoph Heusgen, einst deutscher UN-Botschafter und später Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, warnt offen davor, dass Deutschland seine Chancen auf einen erneuten Sitz im UN-Sicherheitsrat verspielen könnte. Die Abwesenheit des Kanzlers wird als Indiz für ein nachlassendes internationales Engagement gelesen – ein Eindruck, den die Rede Wadephuls nur teilweise ausräumen kann.
Sicherheitsrat: Deutschlands Ziel unter Druck
Die Bundesregierung verfolgt weiterhin das Ziel, 2026 erneut einen nicht-ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu besetzen. Das diplomatische Kalkül dahinter ist einfach: Wer mitreden will, muss präsent sein. Doch Präsenz zeigt sich nicht nur durch Bewerbungen, sondern durch sichtbares Engagement. Die Fernbleiben des Kanzlers wird damit zur strategischen Hypothek.
Zudem bleibt unklar, wie sich Deutschlands Haltung im Nahostkonflikt auf das Abstimmungsverhalten der UN-Mitgliedstaaten auswirken wird. Während die Mehrheit der Staaten einen souveränen Palästinenserstaat anerkennt, tut Deutschland dies bis heute nicht. Diese Asymmetrie könnte bei der Abstimmung über den Sicherheitsratssitz eine Rolle spielen – insbesondere bei den Ländern des Globalen Südens, die in der UN-Vollversammlung über Mehrheiten entscheiden.
Ein Land zwischen Zurückhaltung und Ambition – Wadephul zu Gaza, Iran & UN
Die deutsche Außenpolitik steht damit erneut an einem Scheideweg. Einerseits bekennt sich Berlin zur multilateralen Ordnung, zur UN, zur Diplomatie. Andererseits scheut man sich vor direktem militärischem Engagement und lässt wichtige Symboltermine unbesetzt. Wadephul versucht, diese Widersprüche zu überbrücken – durch ein Angebot an den Iran, durch das Lob für die USA, durch das Bekenntnis zur humanitären Hilfe. Doch der Preis für diese Balance ist hoch: Vertrauen lässt sich schwer gewinnen, wenn es an sichtbarer Präsenz mangelt.
Wadephul zu Gaza, Iran & UN – Neue Weltordnung, alte Fragen
Die Rede von Außenminister Johann Wadephul bei der UN-Generalversammlung zeigt eindrucksvoll, wie schwer es geworden ist, klare Antworten auf globale Krisen zu finden. Der Gazakrieg, die iranische Atomfrage, die Rolle der UN – all diese Themen erfordern Führung, Mut und Diplomatie zugleich. Deutschland setzt auf Worte statt Waffen, auf Hilfe statt Truppen. Ob das reicht, wird sich zeigen.
Doch fest steht: Wer außenpolitisch ernst genommen werden will, muss sichtbar sein – nicht nur mit Reden, sondern auch mit Verantwortung. Für einen erneuten Sitz im Sicherheitsrat braucht es mehr als Bewerbungen. Es braucht Vertrauen. Und das beginnt oft mit einem Platz in der ersten Reihe – nicht nur im Plenarsaal der Vereinten Nationen, sondern im Herzen der internationalen Diplomatie.
Wadephul zu Gaza, Iran & UN – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.
Wadephul zu Gaza, Iran & UN Foto: Copyright-Dominik Butzmann-Photothek.de