Hans-Dietrich Genscher – Der „Minister der Einheit“ und Architekt der Wiedervereinigung
31. März 2016: Deutschland verliert einen seiner bedeutendsten Diplomaten
Hans-Dietrich Genscher gestorben – Am 31. März 2016 verstarb der ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher im Alter von 89 Jahren in Wachtberg, Nordrhein-Westfalen. Mit ihm verlor Deutschland einen der wichtigsten Architekten der deutschen Wiedervereinigung und eine Schlüsselfigur der internationalen Diplomatie.
Genscher war nicht nur der längstdienende Außenminister in der Geschichte der Bundesrepublik (1982–1992), sondern auch ein Meister des politischen Ausgleichs, der sich für Dialog, Entspannungspolitik und europäische Einigung einsetzte.
Vom Flüchtling zum Spitzenpolitiker – Genschers Weg in die Politik
Hans-Dietrich Genscher wurde am 21. März 1927 in Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt) geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte er die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), entschied sich jedoch 1952 zur Flucht in die Bundesrepublik.
Dort trat er der Freien Demokratischen Partei (FDP) bei und begann seine politische Karriere. Er engagierte sich in verschiedenen Funktionen, bevor er 1969 Bundesinnenminister wurde und sich als entschlossener Krisenmanager bewährte.
Außenminister und Vizekanzler – Ein Jahrzehnt an der Spitze der Diplomatie
1974 übernahm Genscher das Amt des Bundesaußenministers und Vizekanzlers unter Helmut Schmidt (SPD). Als die sozialliberale Koalition 1982 zerbrach, führte er die FDP in eine neue Regierung mit der CDU/CSU unter Helmut Kohl.
Sein außenpolitischer Kurs blieb jedoch konstant:
- Entspannungspolitik gegenüber der Sowjetunion
- Stärkung der europäischen Integration
- Förderung der transatlantischen Beziehungen mit den USA
Der entscheidende Moment: Die Botschaftsflüchtlinge von Prag (1989)
Einer der bewegendsten Momente seiner politischen Laufbahn ereignete sich am 30. September 1989. Tausende DDR-Bürger hatten sich in die Westdeutsche Botschaft in Prag geflüchtet, in der Hoffnung, in die Bundesrepublik ausreisen zu dürfen.
Genscher reiste nach intensiven Verhandlungen mit der DDR-Führung nach Prag und verkündete von einem Balkon der Botschaft:

„Wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise…“
Der Rest seines Satzes ging im Jubel der Flüchtlinge unter. Dieses Bild wurde zum Symbol für den Zerfall der DDR und markierte einen der wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands.
Der „Minister der Einheit“ und die Wiedervereinigung
Genscher spielte eine entscheidende Rolle bei den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung. Er setzte sich für eine enge Abstimmung mit der Sowjetunion unter Michail Gorbatschow ein und war maßgeblich daran beteiligt, dass die Wiedervereinigung von den internationalen Mächten akzeptiert wurde.
Seine diplomatischen Erfolge führten dazu, dass er in der Geschichtsschreibung oft als „Minister der Einheit“ bezeichnet wird.
Rückzug aus der Politik und spätere Jahre
Nach der Wiedervereinigung zog sich Genscher 1992 aus der aktiven Politik zurück, blieb aber bis zu seinem Tod ein gefragter Berater und politischer Kommentator.
Er setzte sich weiterhin für internationale Verständigung ein und unterstützte diplomatische Initiativen in verschiedenen Krisengebieten.
Ein Vermächtnis für die deutsche Außenpolitik – Hans-Dietrich Genscher gestorben
Hans-Dietrich Genscher bleibt eine der prägendsten Figuren der deutschen Außenpolitik. Seine Weitsicht, sein diplomatisches Geschick und seine Beharrlichkeit trugen maßgeblich dazu bei, dass Deutschland heute als integrierter Teil Europas und der internationalen Gemeinschaft gilt.
Sein Vermächtnis lebt in den Errungenschaften der deutschen Einheit, der europäischen Einigung und der transatlantischen Partnerschaft weiter.
Am 31. März 2016 endete sein Leben – doch sein politisches Erbe bleibt unvergessen.
Hans-Dietrich Genscher gestorben – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.