Union fordert Absetzung von SPD-Kandidatin: Streit um Wahl zur Verfassungsrichterin eskaliert
Streit um Wahl zur Verfassungsrichterin eskaliert – Plagiatsvorwürfe gegen Rechtsprofessorin Brosius-Gersdorf belasten die Abstimmung im Bundestag – Union verlangt Rückzug des Vorschlags, SPD reagiert zurückhaltend
Am heutigen Freitag sollte der Bundestag planmäßig über die Wahl dreier neuer Richterinnen und Richter für das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Unter den zur Wahl stehenden Kandidaten: die renommierte Juristin Prof. Dr. Dagmar Felix Brosius-Gersdorf, nominiert von der SPD.
Doch die Personalie ist plötzlich politisch hochbrisant – der Grund: Plagiatsvorwürfe gegen die Kandidatin.
Die CDU/CSU-Fraktion fordert nun, die SPD müsse ihren Vorschlag zurückziehen.
Die Abstimmung über Brosius-Gersdorf solle ausgesetzt werden.
Plagiatsvorwürfe werfen Schatten auf Abstimmung
Wie aus Fraktionskreisen verlautet, sei die Union „nicht bereit, einer Wahl unter diesen Umständen zuzustimmen“.
Die gegen Brosius-Gersdorf erhobenen Vorwürfe müssten „sorgfältig und unabhängig geprüft“ werden, bevor über ihre Berufung an das höchste deutsche Gericht entschieden werde.
Eine Wahl „unter dem Eindruck eines potenziellen wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ sei für das Ansehen des Bundesverfassungsgerichts nicht akzeptabel.
Dem Vernehmen nach stützt sich die Kritik auf Passagen aus Brosius-Gersdorfs Habilitationsschrift, die in mehreren Onlineforen analysiert und als „nicht sauber ausgewiesen“ kritisiert worden waren.
Eine offizielle Begutachtung durch eine Universität oder unabhängige Prüfkommission liegt bisher jedoch nicht vor.
Union fordert politische Konsequenz – SPD bleibt abwartend
Die Union fordert nun mit Nachdruck, dass die SPD die Kandidatur von Brosius-Gersdorf von sich aus zurückzieht.
„Es geht hier nicht um Parteitaktik, sondern um die Integrität des höchsten Gerichts der Republik“, heißt es aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Fraktionsvize Thorsten Frei erklärte: „Es steht der SPD frei, eine neue Kandidatin zu benennen, die nicht im Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens steht.“
Die SPD wiederum sieht bislang keinen akuten Handlungsbedarf.
Aus Kreisen der Partei hieß es, man nehme die Vorwürfe ernst, wolle jedoch zunächst prüfen lassen, ob sie substanziell seien.
„Ein Plagiatsvorwurf im Netz ist noch keine rechtsstaatlich geprüfte Tatsache“, sagte ein Sprecher der Bundestagsfraktion. Auch Brosius-Gersdorf selbst soll in die Prüfung eingebunden werden.
SPD-Kandidatin gilt als erfahrene Staatsrechtlerin – Streit um Wahl zur Verfassungsrichterin eskaliert
Prof. Brosius-Gersdorf zählt zu den anerkannten Stimmen im Staatsrecht, insbesondere im Bereich des Bildungs- und Sozialverfassungsrechts.
Sie lehrte an mehreren Hochschulen, war Mitglied des Deutschen Ethikrats und wirkte in verschiedenen Verfassungsreformkommissionen mit. Ihre Nominierung galt parteiübergreifend zunächst als weitgehend unstrittig – bis jetzt.
Die Union betont, dass ihre Kritik keine persönliche Diffamierung sei, sondern dem Anspruch des Gerichts geschuldet:
„Wer im Bundesverfassungsgericht sitzt, muss über jeden Zweifel erhaben sein.“
Wie geht es jetzt weiter? Der Bundestag muss entscheiden
Offen ist derzeit, ob die Abstimmung über Brosius-Gersdorf im Bundestag heute tatsächlich wie geplant stattfindet.
Eine Verschiebung wäre formal möglich, wenn der Ältestenrat dies einvernehmlich beschließt.
Ob sich SPD, Grüne und FDP einer Vertagung anschließen, ist bislang unklar. Auch die Ampelkoalition dürfte vor der unangenehmen Abwägung stehen: politische Geschlossenheit versus öffentlicher Druck zur Transparenz.
Die Grünen signalisieren vorsichtiges Verständnis für die Position der Union.
Man müsse den „Ruf des Verfassungsgerichts schützen“, so ein Mitglied der Fraktion. Ein vorübergehendes Aussetzen der Wahl könne daher angebracht sein.
Streit um Wahl zur Verfassungsrichterin eskaliert – Verfassungsgericht als politisches Spielfeld?
Der Vorgang zeigt erneut, wie politisch aufgeladen Richterwahlen in Deutschland inzwischen sind.
Zwar entscheidet am Ende der Bundestag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit, doch die Vorschlagsrechte liegen faktisch bei den Fraktionen – oft Ergebnis stiller Verhandlungen hinter den Kulissen.
Dass es nun zu einer öffentlichen Konfrontation kommt, ist ungewöhnlich.
Ein juristisches Top-Amt, ein offener Vorwurf – und ein politischer Kraftakt
Ob Brosius-Gersdorf tatsächlich zur Richterin in Karlsruhe gewählt wird, ist angesichts der Eskalation ungewiss. Die Union setzt die Ampelkoalition unter erheblichen Druck. Die SPD ihrerseits muss nun abwägen, ob sie an der Kandidatur festhält oder Schaden vom Verfahren und dem Gericht abwenden will.
Klar ist: Der Fall ist ein weiterer Beleg dafür, wie sensibel Besetzungen höchster Ämter in Zeiten wachsender gesellschaftlicher Polarisierung geworden sind – und wie rasch politische Mehrheiten ins Wanken geraten können, wenn Vertrauen in Integrität und Unabhängigkeit auf dem Spiel steht.
Streit um Wahl zur Verfassungsrichterin eskaliert – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.