Kritik an Selenskyjs Kurs: Neue Gesetze schwächen Antikorruptionsbehörden in der Ukraine
Ukraine Kritik Korruption Gesetz – Zivilgesellschaft warnt vor Rückschritt, EU-Beitrittsperspektive in Gefahr
Ein Gesetz mit Sprengkraft
Mitten im Krieg gegen Russland, in einer Zeit, in der die Ukraine auf internationale Solidarität und EU-Nähe setzt, sorgt ein neues Gesetz in Kiew für Empörung:
Zwei zentrale Antikorruptionsbehörden verlieren durch eine Gesetzesänderung massiv an Unabhängigkeit.
Betroffen sind das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Spezialisierte Antikorruptions-Staatsanwaltschaft (SAPO) – beides Institutionen, die auf Druck der EU und der ukrainischen Zivilgesellschaft seit dem Maidan-Aufstand 2014 mühsam aufgebaut wurden.
Tausende protestieren gegen Entmachtung
Die Reaktion auf das Gesetz ließ nicht lange auf sich warten: Spontane Proteste in zahlreichen Städten, besonders in der Hauptstadt Kiew. Tausende Menschen versammelten sich auf dem Ivan-Franko-Platz.
Ihre Parolen: „Keine Korruption in der Regierung“ und „Europa wählen“ – ein deutlicher Appell an die politische Führung, den proeuropäischen Kurs nicht durch Selbstsabotage zu gefährden.
Auch die Parlamentsopposition stellte sich quer: Sie blockierte zeitweise die Rednertribüne der Rada, um das Gesetz aufzuhalten – vergeblich.
Die Entscheidung fiel letztlich mit den Stimmen der Regierungspartei „Diener des Volkes“, die Präsident Wolodymyr Selenskyj nahesteht.
Antikorruptionschef schlägt Alarm – Ukraine Kritik Korruption Gesetz
Der Leiter des Antikorruptionsbüros NABU, Semen Krywonos, fand bei einer Pressekonferenz deutliche Worte:
„Zerstört wird hier das, was auf großen Wunsch der Gesellschaft geschaffen wurde – auf Wunsch der Demonstranten beim Euromaidan 2014.“
Krywonos kritisiert, dass ausgerechnet jene Abgeordneten, die selbst unter Korruptionsverdacht stehen, für das Gesetz gestimmt hätten. Damit, so sein Vorwurf, hätten sie in eigener Sache gehandelt – ein klarer Interessenkonflikt.
Die neue Regelung sieht vor, dass der Generalstaatsanwalt künftig direkten Einfluss auf das NABU nehmen kann:

Er kann Anweisungen geben, Ermittlungen entziehen und sogar Verfahren an die gewöhnliche Staatsanwaltschaft übergeben.
Diese wiederum untersteht ebenfalls seiner Kontrolle – ein klarer Rückschritt gegenüber den bisherigen Standards, bei denen Ermittlungen gegen Spitzenpolitiker bewusst staatsanwaltschaftlicher Einflussnahme entzogen waren.
Ein Machtzuwachs mit politischem Beigeschmack – Ukraine Kritik Korruption Gesetz
Der zeitliche Zusammenhang wirft Fragen auf: Erst kürzlich ernannte Selenskyj den neuen Generalstaatsanwalt, der nun massiv an Einfluss gewinnt. Zudem berief er ihn in den Nationalen Sicherheitsrat – ein Gremium mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen.
Kritiker sehen darin eine gefährliche Machtkonzentration in der Hand der Exekutive.
Noch in derselben Nacht unterschrieb Präsident Selenskyj das Gesetz – ohne auf die Proteste oder die massive Kritik aus der Zivilgesellschaft einzugehen.
Stattdessen erklärte er, die Antikorruptionsbehörden müssten von „russischen Einflüssen“ gereinigt werden – eine Behauptung, die bislang nicht belegt wurde und von Beobachtern als Vorwand für politische Säuberungen gewertet wird.
Repression gegen unbequeme Stimmen – Ukraine Kritik Korruption Gesetz
In den letzten Wochen verdichteten sich die Anzeichen, dass der Kampf gegen Korruption in der Ukraine gezielt politisiert wird. So wurden Ermittlungen gegen einen der prominentesten Antikorruptionsaktivisten eingeleitet – ein lautstarker Kritiker Selenskyjs.
Parallel dazu durchsuchte der ukrainische Geheimdienst SBU Büros und Wohnungen Dutzender NABU-Mitarbeiter.
Die Signale sind unmissverständlich: Wer den Machthabern zu gefährlich wird, gerät selbst ins Visier. Für viele ist das ein gefährliches Déjà-vu – eine Rückkehr zu jenen Praktiken, gegen die der Maidan einst protestierte.
EU-Beitritt in Gefahr?
Die Europäische Union hat den Kampf gegen Korruption stets zur Voraussetzung für Beitrittsverhandlungen gemacht. Das NABU und die SAPO galten lange als Vorzeigeprojekte – geschaffen, um Vertrauen in den Rechtsstaat zu schaffen und internationale Partner zu überzeugen.
Die aktuelle Entwicklung stellt diese Fortschritte massiv infrage.
Auch Brüssel wird genau hinsehen: Der Reformkurs war ein zentraler Baustein für den Kandidatenstatus der Ukraine.
Sollte Kiew nun ausgerechnet bei der Korruptionsbekämpfung Rückschritte machen, könnte das die gesamte Beitrittsperspektive ins Wanken bringen.
Zwischen Kriegsrecht und Korruptionsschutz – Ukraine Kritik Korruption Gesetz
Die Ukraine steht in einem historischen Moment: Der Verteidigungskrieg gegen Russland erfordert Einheit, Disziplin – aber auch rechtsstaatliche Integrität. Wer nun Institutionen schwächt, die Korruption an der Spitze bekämpfen sollen, gefährdet nicht nur den eigenen Reformkurs, sondern auch das Vertrauen der internationalen Partner.
Die Zivilgesellschaft hat deutlich gemacht, dass sie bereit ist, für Transparenz und Rechtsstaatlichkeit zu kämpfen. Die Frage ist, ob auch die politische Führung den Mut hat, sich selbst kontrollieren zu lassen – oder ob sie sich auf einen Kurs begibt, der mit dem europäischen Weg nicht vereinbar ist.
Ukraine Kritik Korruption Gesetz – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.