Coronapandemie überdeckt Probleme bei Onlinehändlern
Die Otto Group hatte sich bemüht, ihre Tochtergesellschaft Mytoys zu retten.
Im Februar betonte Otto-Vorstand Sebastian Klauke, dass sie nicht leichtfertig Mitarbeiter entlassen würden, die möglicherweise in einigen Monaten wieder benötigt werden könnten.
Allerdings schloss er keine Maßnahmen aus. Weniger als zwei Wochen später wurde bekannt, dass Otto den Spielwaren-Onlinehändler Mytoys und die 19 damit verbundenen Filialen in Deutschland schließt, was zum Verlust von 800 Arbeitsplätzen führt.
Experten erwarten weitere schlechte Nachrichten, aber auch Chancen für profitableres Wachstum
Der Onlinehandel in Deutschland verzeichnete jahrelang stetig steigende Umsätze.
Inzwischen häufen sich jedoch Meldungen über Geschäftsaufgaben, Insolvenzen und Entlassungen, selbst bei Branchengrößen.
Experten wie Alex Graf, E-Commerce-Experte und Mitgründer der Digitalberatung Etribes, erwarten weitere schlechte Nachrichten, sehen aber auch Chancen für profitableres Wachstum der verbleibenden Unternehmen.
Die Coronapandemie hat Probleme bei Onlinehändlern überdeckt, indem sie ein außergewöhnliches Wachstum im E-Commerce ermöglichte.
Doch dieses schnelle Wachstum erwies sich für einige Unternehmen als fatal, weil sie ihre Verwaltung nicht effizient skalierten und Strukturen und Prozesse nicht anpassten.
Laut Münch entsteht dadurch eine Ineffizienz, die das Unternehmen gefährden kann, wenn die Rahmenbedingungen schwieriger werden.
Onlinehandelsverband BEVH bestätigt weiterhin gutes Geschäft für die meisten Onlinehändler – Otto Group schließt Mytoys
Eine Studie von Oliver Wyman zeigt, dass Produktivitätsunterschiede bei Gemeinkosten zwischen Onlinehändlern bis zu 50 Prozent betragen können, was deutlich höher ist als bei stationären Händlern.
Münch stellt fest, dass diese Unterschiede insbesondere im Ressourceneinsatz für IT und Marketing sichtbar werden.
Er kritisiert zudem, dass bei E-Commerce-Unternehmen viele zentrale Funktionen wie Buchhaltung oder Personalwesen immer noch von manuellen Prozessen geprägt sind, die in Großkonzernen längst automatisiert oder ausgelagert wurden.
Die gegenwärtige Kaufzurückhaltung stellt auch für stationäre Händler, die den E-Commerce nur zögerlich nutzen und ihren Kunden gegenüber reinen Onlinehändlern keinen Mehrwert bieten, ein Problem dar.
Obwohl sie in den digitalen Aufbau investiert haben, ziehen sie kaum Nutzen daraus. Unternehmen wie Galeria und Peek & Cloppenburg wurden dadurch in Insolvenzverfahren getrieben. Dies wird auch durch Zahlen des Onlinehandelsverbands BEVH bestätigt.
So lag der Gesamtumsatz im vierten Quartal 2022 um 24 Prozent über dem Umsatz im vierten Quartal 2019. Insgesamt wurden im Onlinehandel in Deutschland 90,4 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Bei Waren des täglichen Bedarfs stieg der Umsatz sogar um 94 Prozent im Vergleich zum Niveau vor der Pandemie, und selbst bei Bekleidung war er noch 14 Prozent höher.
Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.
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