Die selbstverschuldete Krise: Die deutsche Automobilindustrie am Scheideweg
Automobilindustrie am Scheideweg – Die deutsche Automobilindustrie befindet sich, wie die gesamte Automobilindustrie weltweit in einer Phase des Umbruchs.
Jedoch ist diese Phase bei der deutschen Automobilindustrie durch diverse Managementfehler in den zurückliegenden Jahren wesentlich befeuert worden.
Diese Fehler haben dazu beigetragen, dass das ehemals als weltweit führend geltende Industriesegment unter wachsendem Druck steht und seine Vorreiterrolle, speziell auch im Bereich des technologischen Vorsprunges, der einmal vorhanden war, verlieren wird.
Fehler1: Die halbherzige Umsetzung bei der Elektromobilität
Die deutsche Autoindustrie hat viel zu lange gezögert, in die Elektromobilität zu investieren, obwohl die Tendenzen schon fast seit einem Jahrzehnt klar zu erkennen waren.
Während Unternehmen wie Tesla und einige chinesische Hersteller frühzeitig auf Elektrofahrzeuge gesetzt haben, haben viele der deutsche Automobilhersteller weiterhin auf Verbrennungsmotoren gesetzt und lieber deren Schadstoffwertanzeigen durch manipulierte Software reduziert, anstatt in neue Technologien zu investieren.
Diese Verzögerung hat dazu geführt, dass die deutschen Marken bei den Elektrofahrzeugen stark ins Hintertreffen geraten sind und auch weiterhin munter Marktanteile verlieren.
Fehler 2: Der Fokus auf kurzfristige Gewinne
Ein zu starker Fokus auf kurzfristige Gewinne und Dividendenausschüttungen hat die deutsche Autoindustrie daran gehindert, rechtzeitig in zukunftsweisende Technologien wie Batterien, Ladeinfrastruktur oder autonomes Fahren zu investieren.
Während kurzfristige Profitmaximierung oft die Priorität war, wurden langfristige technologische Innovationen vernachlässigt.
Dies ist genau der Managementfehler, den ein schwaches Management immer wieder gerne macht, da es wesentlich einfacher ist, den Aktionären kurzfristige Gewinnoptionen aufzuzeigen anstatt einer langfristigen Perspektive, die aber zunächst die Gewinne schmälern wird.
Fehler 3: Das Verschlafen der rechtzeitigen Anpassungen an regulatorische Anforderungen
Internationale Märkte, insbesondere Europa und China, haben strenge Emissionsvorschriften eingeführt, die viele deutsche Hersteller nicht rechtzeitig erfüllen konnten.

Skandale wie der „Dieselgate“ haben nicht nur das Vertrauen in die deutsche Ingenieurskunst erschüttert, sondern auch hohe finanzielle Strafen und Kosten für Nachrüstungen verursacht.
Zudem hat sich die Industrie zu langsam an die wachsenden Anforderungen de nachhaltigeren Produktionsprozesse versucht anzupassen, denn überzeugend gelungen ist dies bis heute nicht.
Fehler 4: Der tradierte Mangel an agiler Unternehmenskultur
Viele deutsche Automobilhersteller sind traditionell stark hierarchisch strukturiert und eher schwerfällig, was schnelle Innovationsprozesse behindert. Das ist seit Jahrzehnten bekannt, war aber bis dato nur ein Belächeln bei den Sektempfängen wert.
Eine zu starre Unternehmenskultur führt dazu, dass Unternehmen langsamer auf Marktveränderungen und neue Technologietrends reagieren können.
Im Vergleich zu den recht agilen Wettbewerbern, die flexiblere Entwicklungszyklen haben, verlieren deutsche Hersteller in diesem Bereich nach wie vor an Boden.
Fehler 5: Das unverzeihliche Versäumnis, das Kundenerlebnis zu verbessern
Deutsche Automobilhersteller haben in der Vergangenheit oft stark auf die technisch hervorragende Qualität ihrer Produkte gesetzt, jedoch das Kundenerlebnis und vor allem die digitalen Innovationen vernachlässigt.
Im Zeitalter der Vernetzung und Digitalisierung gewinnen Aspekte wie Softwareintegration, Konnektivität und autonomes Fahren wesentlich an Bedeutung, doch hier hinken viele deutsche Unternehmen hinterher. Tesla hat hier beispielsweise durch Over-the-Air-Updates oder integrierte digitale Plattformen einen klaren Vorsprung erlangt.
Fehler 6: Die überhebliche Unterschätzung der internationalen Konkurrenz
Vor allem chinesische Automobilhersteller haben in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, sowohl in der Qualität als auch in der Entwicklung von Elektrofahrzeugen.
Die deutsche Industrie hat die Konkurrenz aus China lange unterschätzt und sich zu stark auf etablierte Märkte und auf bestehende Fahrzeugklassen konzentriert. Und dies, obwohl jedem deutschem Hersteller klar war, dass gewisse Patente auch Einlass in die chinesische Produktion finden würden.
Zumal dies an der ein oder anderen Stelle sogar eine vertragliche Voraussetzung für weitere Investitionen in den chinesischen Markt war. Zudem haben internationale Hersteller, besonders im Bereich der Elektromobilität, deutsche Unternehmen in wichtigen Märkten nicht nur überholt, sondern sie schlicht am Start stehen gelassen.
Fehler 7: Die Überheblichkeit der verspäteten Diversifizierung
Während Unternehmen wie Tesla auf Batterietechnologie, Software und erneuerbare Energien gesetzt haben, ist die deutsche Autoindustrie überwiegend auf den klassischen Fahrzeugbau fokussiert geblieben.
Auch hier wurde eine breitere Diversifizierung hin zu Mobilitätsdienstleistungen oder Technologien wie künstlicher Intelligenz und autonomem Fahren vernachlässigt.
Fehler 8: Die mangelnde Bereitschaft mit Tech-Unternehmen zu kooperieren
Technologiefirmen spielen in der Zukunft der Automobilindustrie eine immer größere Rolle, insbesondere in Bezug auf autonome Fahrzeuge und Digitalisierung.
Deutsche Automobilhersteller haben es jedoch versäumt, frühzeitig starke Partnerschaften mit solchen Firmen einzugehen, während andere internationale Hersteller Kooperationen und Allianzen gebildet haben, um Technologien gemeinsam zu entwickeln.
Konklusion – Automobilindustrie am Scheideweg
Die deutsche Autoindustrie kämpft mit den Folgen einer erheblichen Reihe strategischer Managementfehler, die sowohl technologischer als auch organisatorischer Natur sind. Diese Fehler haben dazu geführt, dass die Industrie in einem globalen Wettlauf um die Zukunft der Mobilität an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hat.
Um wieder an die Spitze zu gelangen, müssen deutsche Automobilhersteller ihre Innovationskraft steigern, agiler werden und sich stärker auf nachhaltige und digitale Lösungen konzentrieren.
Dazu bedarf es jedoch auch einer klaren Unternehmensausrichtung weg von starren Hierarchien und hin zu flexiblen, autarken gleichwohl stark vernetzten Unternehmenseinheiten. Ob das mit den bisherigen Management der Unternehmen funktioniert, darf bezweifelt werden.
Automobilindustrie am Scheideweg – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.