Mindestlohn steigt bis 2027 auf 14,60 Euro – Einigung nach zähem Ringen
Mindestlohnkommission beschließt Anhebung in zwei Schritten – Debatte um politische Einflussnahme bleibt bestehen
Mindestlohn soll steigen – Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland wird bis 2027 deutlich steigen.
Die unabhängige Mindestlohnkommission hat beschlossen, die Lohnuntergrenze in zwei Stufen anzuheben:
Zum 1. Januar 2026 steigt der Mindestlohn zunächst von derzeit 12,82 Euro auf 13,90 Euro, ein Jahr später folgt die zweite Stufe auf 14,60 Euro pro Stunde.
Der Beschluss gilt als Kompromiss zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite – ein Konsens, der nicht selbstverständlich war.
Die endgültige Umsetzung erfolgt durch eine Verordnung des Bundesarbeitsministeriums.
Kompromiss nach langem Ringen – Verhandlung unter hohem Druck
Wie die Kommissionsvorsitzende Christiane Schönefeld mitteilte, handelte es sich um „schwierige Gespräche“. Der Beschluss sei zwar einstimmig gefasst worden, doch insbesondere der politische Erwartungsdruck, etwa im Hinblick auf einen Mindestlohn von 15 Euro, habe die Verhandlungen erheblich belastet.
Stefan Körzell, Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), sprach von „harten Verhandlungen“, während Steffen Kampeter vom Arbeitgeberverband BDA kritisierte, der „Druck von außen“ habe die Sachorientierung erschwert.
Keine gesetzliche Vorgabe – aber politische Zielmarken
Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung gibt es keine verbindliche Zielmarke für den Mindestlohn. Stattdessen heißt es, die Kommission solle sich an der Tarifentwicklung sowie an 60 % des Bruttomedianlohns orientieren – ein Maßstab, der in anderen EU-Staaten zur Armutsvermeidung dient.
Die SPD hatte im Wahlkampf 2021 das Ziel von 15 Euro Mindestlohn bis 2026 ausgerufen. Dieses Ziel wird durch den jetzigen Beschluss zwar verfehlt, liegt aber in Reichweite – wenn auch ohne politischen Automatismus.
Rückblick: Der Mindestlohn als politisches Instrument
Der Mindestlohn war in Deutschland erst 2015 unter Kanzlerin Angela Merkel eingeführt worden – nach jahrelangem Widerstand aus Teilen der Union und der Wirtschaft.
Seine Höhe wurde bislang stets auf Empfehlung der Kommission angepasst – mit einer Ausnahme:

Die Erhöhung auf 12 Euro im Oktober 2022 wurde vom Bundestag selbst beschlossen, auf Drängen des damaligen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD).
Mit dem aktuellen Beschluss kehrt man zur Regelmechanik zurück, allerdings unter wachsender Beobachtung der Öffentlichkeit und wachsendem Erwartungsdruck aus der Politik.
Wirtschaft warnt vor Kosten, Gewerkschaften fordern mehr
Die Reaktionen auf die Einigung sind wie gewohnt zweigeteilt:
- Arbeitgebervertreter warnen vor steigenden Lohnkosten, insbesondere in arbeitsintensiven Branchen wie Gastronomie, Pflege und Einzelhandel.
- Gewerkschaften loben die Erhöhung, betonen aber zugleich, dass sie nicht ausreicht, um der Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten gerecht zu werden.
Die SPD spricht von einem Schritt in die richtige Richtung, während die Linkspartei die Kommission für ihre „vorsichtige Linie“ kritisiert. Die FDP hingegen sieht in der Einigung ein Zeichen funktionierender Sozialpartnerschaft – solange der Gesetzgeber sich heraushält.
Was bedeutet das für Unternehmen und Beschäftigte?
Für Unternehmen mit niedrigen Lohnstrukturen bringt die Erhöhung konkrete Auswirkungen:
- Personalkosten steigen planbar, aber spürbar.
- Lohnabstände zu Fachkräften verringern sich – was insbesondere bei tariflich organisierten Betrieben neue Debatten auslösen dürfte.
- Minijob-Grenzen und sozialversicherungsfreie Arbeitsverhältnisse geraten unter Anpassungsdruck.
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor bedeutet der Beschluss real spürbare Verbesserungen – auch wenn sie in vielen Regionen weiterhin nicht ausreichen, um ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen.
Einigung mit Signalwirkung – aber kein Ende der Debatte
Die Erhöhung des Mindestlohns auf 14,60 Euro bis 2027 ist ein Kompromiss zwischen wirtschaftlicher Realität und sozialpolitischem Anspruch.
Sie zeigt, dass die Kommission grundsätzlich handlungsfähig ist – auch unter politischem Druck.
Gleichzeitig wird deutlich:
Die Debatte um Löhne, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Belastbarkeit bleibt politisch aufgeladen. Und sie wird weitergeführt – bei Tarifverträgen, bei Minijobs, bei Renten und nicht zuletzt: bei der nächsten Bundestagswahl.
🔍 Hintergrund: Wer sitzt in der Mindestlohnkommission?
Die Mindestlohnkommission besteht aus je drei Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sowie einer unabhängigen Vorsitzenden.
Sie trifft sich alle zwei Jahre zur Anpassung des Mindestlohns – orientiert an der Lohnentwicklung und der wirtschaftlichen Gesamtlage.
Mindestlohn soll steigen – Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.