Trotz Omikron-Variante fordert FDP-Parteichef Christian Lindner, einen Kurs maßvoller Beschränkungen in der Pandemie beizubehalten. »Der Schutz der Gesundheit ist ein hohes Gut, aber das höchste Gut unserer Verfassung, das ist und bleibt die Freiheit«, sagte Lindner in Stuttgart beim Dreikönigstreffen der Liberalen.
Eine Impfpflicht bezeichnete er als empfindlichen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Menschen, über das zu Recht ohne Parteilinien entschieden werden müsse. »Ich bin nicht mehr prinzipiell dagegen«, sagte Lindner weiter. »Aber ich bin auch nicht positiv entschieden.«
Lindner, der auch Bundesfinanzminister ist, sagte, der Verlauf der Pandemie in den vergangenen Wochen sei eine Bestätigung für ein maßvolles Vorgehen bei Eingriffen in Grundrechte. Die Krisenstrategie der neuen Bundesregierung mit 2G- und 3G-Regeln für den Hygieneschutz, der Wiedereinführung kostenloser Tests und einem Krisenstab mit einem Bundeswehrgeneral an der Spitze zeige Wirkung.
Deutschland habe in den vergangenen Wochen die erfolgreichste Boosterkampagne für Impfungen in Europa organisiert. »Mit allen diesen Maßnahmen ist es gelungen, die vierte Welle zu bewältigen, ohne unser Gesundheitssystem zu überfordern«, sagte Lindner. Dies sei auch die eigentliche Aufgabe der Maßnahmen.
Am Freitag wollen Bund und Länder über weitere Maßnahmen im Kampf gegen die Coronapandemie beraten. Thema werden etwa eine neue Quarantäneverordnung und flächendeckende 2G-Plus-Regeln sein, wie sie einige Länder bereits umsetzen.
Bürgern mit geringem Einkommen versprach Lindner finanzielle Unterstützung angesichts der derzeit hohen Energiepreise. Gerade für Menschen mit geringem Einkommen sei die Entwicklung der Energiepreise eine echte Belastung, sagte der Bundesfinanzminister. Man wolle die Bürger auch langfristig entlasten, etwa durch den Wegfall der sogenannten EEG-Umlage auf den Strompreis, sagte Lindner. Aber es müsse auch kurzfristiger gehandelt werden. Lindner sagte den Menschen, die von den hohen Heizkosten besonders betroffen seien, seine »solidarische Unterstützung« zu. Konkretere Angaben machte er nicht.
Lindner mahnt tragfähige Rückführungsabkommen an
Lindner äußerte sich außerdem zur Migrationspolitik. »Ich weiß, dass viele die Erwartungen haben, dass sich insbesondere bei der humanitären Zuwanderung nach Deutschland viel tut«, sagte er. Dies sei ein Anliegen der Grünen. »Aber klar muss sein, dass diese Bereitschaft zu mehr humanitärer Verantwortung untrennbar verbunden bleiben muss damit, dass Deutschland tragfähige und in der Praxis funktionierende Rückführungs- und Migrationsabkommen mit anderen Staaten schließt.«
Die Voraussetzung für eine neue Offenheit sei die Kontrolle über den Zugang nach Deutschland. »Eine neue, auch liberal geprägte Einwanderungspolitik muss also auf der einen Seite die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Menschen unbürokratisch zu uns kommen können«, betonte Lindner. »Auf der anderen Seite muss sie aber stärker darauf setzen, dass jene, die keinen Platz bei uns haben, auch wieder in ihre alte Heimat zurückgeführt werden können.«
Momentan sei die Situation so, dass auf der einen Seite bisweilen die Falschen abgeschoben würden, nämlich gerade diejenigen, die sich bereits auf den Weg gemacht hätten, integriert zu werden. »Auf der anderen Seite werden wir aber jene, die Straftäter oder Gefährder sind, die also unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Regeln des Miteinanders nicht achten, oft nicht nach Hause senden können.«
Seit mehr als 140 Jahren starten die Liberalen am 6. Januar im Südwesten politisch in das neue Jahr. 1866 hatte sich ein Vorläufer der FDP, die Württembergische Volkspartei, in Stuttgart zur ersten »Dreikönigsparade« getroffen. Bei der Zusammenkunft will sich die FDP traditionell auf die Werte liberaler Geisteshaltung besinnen und zum Auftakt des neuen Jahres Selbstbewusstsein demonstrieren.