1224 Kilometer Leitungssystem sorgen für politische Spannungen
Nord Stream 1 und 2 – Der Name Nord Stream sorgt seit mehr als einem Jahrzehnt in regelmäßigen Abständen für Schlagzeilen. Nur die wenigsten Leser dieser Nachrichten gewinnen durch die wechselnden Konflikte einen vertiefenden Einblick in die Gesamtsituation. Inzwischen sind die Europäische Union, die Ukraine, Russland und die USA mit unterschiedlichen Positionen zu dem Bau der Pipeline in den Konflikt involviert.
Deutschland ist als derzeit größter Abnehmer des aus Russland exportierten Erdgases in besonderem Maße daran interessiert, dass die Versorgung über die beiden parallel verlaufenden Rohrsysteme nicht gestoppt wird.
Die USA haben sich deutlich gegen den Bau von Nord Stream 2 ausgesprochen. Die amerikanische Regierung sieht darin eine Stärkung Russlands. Hintergedanken sind bei dieser Position ebenfalls mit im Spiel.
Die USA sind seit den Finanzkrisen nicht länger die Wirtschaftsmacht, die noch bis vor wenigen Jahrzehnten als das internationale Vorbild eines Industriestaats gegolten hat. Staatsschulden und die immer kleiner werdende Mittelschicht haben die Ausgangssituation der Vereinigten Staaten deutlich verschlechtert.
Drohende Energieengpässe und Lobbyismus sind eng mit der Pipeline verknüpft
Erdgas gehört zu einem der wichtigsten und lukrativsten Exportgüter Russland.
Vielen Politikern, die sich nach der aktiven Karriere in Vorständen russischer Unternehmen ein neues Standbein aufgebaut haben, wurde daher unterstellt, schon während der aktiven politischen Zeit Lobbyismus betrieben zu haben.
Der ehemalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) verteidigte erst kürzlich seine damaligen politischen Entscheidungen mit den Worten, „Nord Stream 2“ war ein richtiges Projekt. Kritik wird unter anderem daran geknüpft, dass die Pipeline Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt mehr Macht über die Haltung der Europäischen Union zu diesem Thema gibt.
Deutschland als größter Abnehmer verweist dagegen weiterhin auf drohende kalte Wintermonate, sollte das russische Erdgas nicht mehr in deutschen Haushalten ankommen.
Kritiker sehen kaum einen wirtschaftlichen Nutzen für Nord Stream 2
Einer der Kritikpunkte, denen kaum Beachtung geschenkt wird, ist die Wirtschaftlichkeit des Baus. Erstellte Gutachten sehen auf russischer Seite keine ausreichenden Gewinnmöglichkeiten, die den Bau einer zweiten 1224 km langen Pipeline rechtfertigen würden.
Die Unrentabilität innerhalb der Gutachten hat nicht nur den Ist-Zustand berücksichtigt. Mit in die Prognosen wurde aufgenommen, dass die Nachfrage nach Erdgas insgesamt abnimmt und in Zukunft diese Entwicklung weiter an Fahrt gewinnt.
Ob die politischen Spannungen durch den wirtschaftlichen Nutzen ausgeglichen werden, ist daher zumindest als fraglich zu bezeichnen.
Wir bleiben am Ball für Sie. BerlinMorgen.